Eine Analyse des Unternehmensumfeldes zeigt eine zunehmende Bedeutung netzwerkartiger Kooperationsformen. Traditionelle Unternehmensgrenzen lösen sich zu Gunsten vielfältiger Zwischenformen kooperativer Beziehungen auf. Ausgangspunkt für eine solche Neustrukturierung ist die holistische Betrachtung der Wertschöpfungsprozesse. Zielsetzung ist es, Flexibilitäts-, Effizienz- und Kostenvorteile zu erzielen, indem bestimmte Abschnitte der Leistungskette oder einzelne Segmente aus einem Unternehmen A herausgelöst und in eine effizientere Unternehmensstruktur B eingefügt werden. Unternehmen werden dementsprechend als System flexibler Module verstanden, die möglichst effizient zu einem Mix von Produktionsbedingungen zusammengefaßt werden können.
Entscheidungskriterien zur Bestimmung der optimalen Fertigungstiefe ist das 1. Konzept der Kernkompetenz – Fähigkeiten mit großem Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten – und 2. Ansätze der Transaktionskostentheorie – reine Produktionskosten sind bei allen Unternehmen mehr oder weniger identisch, Unterschiede entstehen in der jeweiligen Höhe der Koordinierungs- und Kontrollkosten der Produktionstätigkeiten.
Kooperations- und Integrationsformen
1. Reiner Fremdbezug
Auswahl der kostengünstigsten Alternative bei feststehender Fertigungsleistung (Spotmarkt).
2. Verlängerte Werkbank
Fertigung genau spezifizierter Teile bei knappen Kapazitäten im eigenen Unternehmen. Evtl. Zusammenarbeit im Bereich der Prozeßentwicklung aber keine Zusammenarbeit bei der Produktentwicklung.
3. Auftragspartner
Ein Lieferant fertigt über einen längeren Zeitraum komplett bearbeitete Teile für spezifische Branchen. Spezialmaschinen führen zu hohen Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren. Hohe Spezifität und kundenspezifischer Integrationsgrad. Entwicklungskompetenz liegt beim Zulieferer, wird jedoch nur auf Veranlassung unter Vorgabe eines Pflichtenheft durch den Abnehmer vorgenommen.
4. Produktionsspezialist
Zulieferer fertigt seine Produkte auf abnehmerspezifischen Betriebsmitteln. Er zeichnet sich durch die Fähigkeit zu teilespezifischen Prozeßinnovationen aus. D.h. Einführung kundenorientierter Prozeßtechnologien parallel zu Reorganisationsprozessen. Eine Risikoübernahme für Produktentwicklungen erfolgt nicht.
5. Modullieferant
Modullieferant ist Führungsunternehmen in Zuliefererhierarchie. Belieferung mit abnehmerspezifischen komplexen Baugruppen – bestehend aus Komponenten und Einzelteilen -. Grundlagenforschung für das Modul bleibt beim Abnehmer , Lieferant führt Detailentwicklungen durch. Beziehung zum Abnehmer ist über Modellebenszyklusverträge abgesichert.
6. Wertschöpfungspartner
Aufgabenumfang des Modullieferanten wird erweitert auf komplette Entwicklungsverantwortung für das System. Die Einbindung in die Endproduktentwicklung erfolgt frühzeitig in der Phase der Endproduktidee. Grundlegende Fragestellungen werden gemeinsam diskutiert und im Sinne eine Simultanous Engeneering abgearbeitet.
7. Eigenfertigung
Zwischenform Insourcing
Insourcing ist als Zwischenform von Wertschöpfungspartnerschaften und Eigenfertigung anzusehen. Basis von Insourcing ist, Baugruppen von Mitarbeitern des Lieferanten vor Ort beim Abnehmer montieren und teilweise auch fertigen zu lassen. Folgende Varianten lassen sich unterscheiden.
1. Montage an Abnehmerstätte
2. Verlagerung von Fertigungs- oder Montageumfängen (d.h. Lieferant verlagert Teile seines Maschinenparks auf freie Flächen beim Abnehmer)
3. Joint Venture (d.h. gemeinschaftliche Gründung eines Montage- und/oder Teilefertigungsunternehmen durch Abnehmer und Lieferanten)
4. Industriepark (mehrere Kernlieferanten verlagern abnehmerspezifische Fertigungen auf ein Gebiet räumlicher Nähe der Fertigung des Abnehmers)
Vor- /Nachteile
Die verschiedenen Insourcingformen unterscheiden sich hinsichtlich der Möglichkeiten zur Kontrolle und Beeinflussung der rückverlagerten Wertschöpfungskette. Fertigungstechnische- oder Qualitätsprobleme lassen sich sofort am Entstehungsort mit den Mitarbeitern des Lieferanten analysieren und einstellen. Die Freiheitsgrade des Lieferanten sind eingeschränkt, allerdings erhält dieser den Status eines Alleinlieferanten. Die Kontrollmöglichkeiten des Abnehmers nehmen mit räumlicher Nähe zu. Aufgrund des hohen Integrations- und Kooperationsgrades kann Insourcing nur für ein ausgewähltes Zukaufsspektrum angewendet werden. Die enge Kommunikation bewirkt eine Erhöhung der Produktionsflexibilität des gesamten Wertschöpfungsabschnittes. Als besonders geeignet scheinen Komponenten, die durch hohe Montage- und Materialkosten gekennzeichnet sind.
Wirtschaftlicher Niederschlag findet sich beim Abbau der Sicherheitsbestände, beim beidseitigen Know-How-Transfer, der Zusammenlegung der Lernkurven beider Partner, der Verkürzung der Durchlaufzeiten, der Reduzierung der Bestandshöhe, dem Wegfall externer Transportkosten und der Reduzierung der Koordinationskosten der einzelnen Fertigungsbereiche. Allerdings stehen diesen Vorteile die einmalige Erhöhung der Transaktionskosten, bei der Auswahl geeigneter Insourcing-Partner in Form von Such-, Informations- und Verhandlungskosten gegenüber.
Insourcing erfordert vollständige Transparenz aller relevanten Kostenstrukturen. Die unternehmerische Eigenständigkeit des Lieferanten wird eingeschränkt (hier könnten allerdings langfristige Modelllebenszyklusverträge abgeschlossen werden). Für den Abnehmer entstehen hohe Lieferantenwechselkosten (hier kann evtl. sog. Parallelsourcing gegenüber dem Singlesourcing Vorteile bringen).
Es kann zu einem Know-How-Transfer in beide Richtungen kommen. In diesem Zusammenhang sind Maßnahmen zum Know-How-Schutz zu treffen um Mißbrauch vorzubeugen.
Fazit:
Insourcing kann als „eigenfertigungsnaher“ Ansatz zur Optimierung der Vertikalen Struktur des Abnehmers definiert werden und erweitert somit die Fragestellung nach dem optimalen vertikalen Integrationsgrad.*