Im Dean-Modell soll aus mehreren zur Verfügung stehenden Investitions- und Finanzierungsprojekten ein Optimalprogramm mit dem Ziel der Vermögensmaximierung ermittelt werden. Es folgen die Prämissen des Modells:
- unvollkommener Kapitalmarkt
- Fremdfinanzierungsalternativen haben verschiedene Sollzinssätze
- Kapitalaufnahme ist nach oben beschränkt
- Die Investitionsprojekte sind unabhängig von den Finanzierungsprojekten
- Ebenso sind die Investitionsprojekte wie auch die Finanzierungsprojekte untereinander unabhängig
- sichere Erwartungen
- einperiodisches Modell
- beliebige Teilbarkeit der Projekte
- keine Berücksichtigung von Steuern
Zuerst werden die Investitions- und Finanzierungsprojekte anhand ihrer internen Zinsfüße nach ihrer Vorteilhaftigkeit in eine Rangreihe gebracht (je eine Rangreihe für Investitionen und Finanzierungen). Der interne Zinsfuß lässt sich im Ein-Perioden-Fall denkbar einfach, nämlich als einfache Rentabilität, ermitteln. Für die Finanzierungsalternativen stellt der Sollzinsfuß deshalb unmittelbar den internen Zinsfuß dar (einfache Kreditfinanzierung ohne zusätzliche Kosten vorausgesetzt).
Eigentlich soll ja der gesamte Vermögensendwert maximiert werden. Warum werden die Alternativen also nicht anhand ihrer jeweiligen Vermögensendwerte beurteilt? Der Grund hierfür liegt in der Tatsache begründet, daß eine einzelne Investition zwar den absolut höchsten Vermögensendwert aufweisen kann, dabei aber der Kapitaleinsatz nicht berücksichtigt wird. Zwei andere Investitionsprojekte, deren kombinierter Kapitaleinsatz genauso hoch ist, können einen höheren kombinierten Vermögensendwert liefern, obwohl ihre einzelnen Vermögensendwerte jeweils kleiner sind als der des ersten Projekts . Das zur Verfügung stehende Kapital stellt einen Engpaß dar. Die Rentabilität berücksichtigt das Verhältnis von Kapitaleinsatz und Vermögensendwert und ist somit das geeignete Kriterium zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit im Rahmen eines durch die Kapitalaufnahme beschränkten Programms.
Es seien nun folgende Investitions- und Finanzierungsprojekte gegeben:
Die Daten der Investitionsprojekte stellen eine Kapitalnachfragefunktion dar und die Daten der Finanzierungsprojekte eine Kapitalangebotsfunktion. Graphisch stellt sich die Situation wie folgt dar:
Das optimale Programm besteht nun aus allen Investitions- und Finanzierungsprojekten, die links vom Schnittpunkt der beiden Funktionen liegen. Bis zu einem Kapitaleinsatz von 120 kann eine Finanzierung bereitgestellt werden, deren Kostensatz unter der Investitionsrentabilität liegt. Das optimale Programm besteht aus IP 2 und IP 1 (mit 40 Kapitaleinsatz) sowie FP 1 und FP 3.
Der Schnittpunkt stellt die „marginale interne Verzinsung“ dar, für die gilt:
marginale Investitionsrentabilität = marginaler Sollzinssatz. Dies bedeutet, daß eine Ausdehnung des Investitionsprogramms um eine weitere Einheit durch die hierdurch bedingte Ausdehnung des Finanzierungsprogramms um eine weitere Einheit kompensiert würde (hier sogar überkompensiert). Eine weitere Ausdehnung bringt also keine zusätzliche Vermögensmehrung.
Der marginale interne Zins (hier 15 %) darf nicht mit der Rentabilität des gesamten optimalen Programms verwechselt werden. Diese Gesamtrentabilität ist nicht mal ein normaler interner Zins, da ein solcher für den unvollkommenen Kapitalmarkt gar nicht definiert ist. Ein interner Zins läßt sich in diesem Modell nur für einzelne, unabhängig betrachtete, Projekte angeben, wo nur jeweils ein „Kalkulationszinsfuß“ zu berücksichtigen ist.
Es wird also mit Hilfe des internen Zinsfußes, der ein Konstrukt des vollkommenen Kapitalmarkts ist, ein Problem im unvollkommenen Kapitalmarkt gelöst.
Wäre die marginale interne Verzinsung im Vorhinein bekannt, so müßte das Dean-Modell gar nicht erst aufgestellt werden; es würden einfach alle Investitionsprojekte realisiert, deren Rentabilität höher (oder gleich) als die marginale interne Verzinsung lägen. Ebenso würden alle Finanzierungsprojekte realisiert, deren Kostensatz unter (oder gleich) der marginalen internen Verzinsung lägen.
Weitere Anmerkung zum Dean-Modell:
Wenn das optimale Programm einmal steht, ist es unerheblich welches Investitionsprojekt mit welchem Finanzierungsprojekt finanziert wird. Entscheidend ist nur, dass alle Investitionen des optimalen Programms durch alle Finanzierungen des optimalen Programms gedeckt werden.
Kritik am Dean – Modell
Das Dean-Modell ist eine statische Ein-Perioden-Betrachtung. Es kann nicht auf mehrere Perioden ausgeweitet werden. Die Begründung hierfür ist:
- Liquidität in den Folgeperioden ist nicht gewährleistet
- Optimalität in Bezug auf den Vermögensendwert ist nicht gewährleistet
Beweisführung zur Illiquidität:
Es soll ein Investitionsprojekt mit einer Anfangsausgabe von 100 und einer Rentabilität von 50 % über zwei Jahre laufen. Nach dem ersten Jahr findet keine Einzahlung statt. Es steht ein Kredit in Höhe von 100 zum Zinssatz von 10% zur Verfügung, Laufzeit ebenfalls zwei Jahre.
Laut Dean-Modell wäre die simultane Realisierung beider Projekte optimal. Tritt aber nach dem ersten Jahr eine weiter Auszahlung auf, und sei sie noch so klein, ist diese durch keinerlei Finanzierung noch durch Rückflüsse aus der Investition gedeckt. Es tritt Illiquidität auf.
Beweisführung zur Nicht-Optimalität:
Es seien folgende Investitions- und Finanzierungsprojekte gegeben:
IP 1: A0 = 200; E1 = 170; E2 = 118 —->r = 20 %
IP 2: A0 = 100; E1 = 52; E2 = 69 —->r = 10 %
Diese Renditen ergeben sich, da hier nicht mit dem internen Zinsfuß, sondern mit der dynamischen Rentabilität vor Sollzinsen gerechnet wird (sonst wäre eine Differenzierung zwischen Kapitalangebot und -nachfrage im Rahmen des Dean-Modells sinnlos).
Also: ohne Anfangsausgabe, diese wird beim Kapitalangebot berücksichtigt.
FP 1: 200 zu 5 % p.a. über 2 Jahre
FP 2: 100 zu 12 % p.a. über 2 Jahre
Optimales Programm nach Dean-Modell: IP 1 und FP 1
Vermögenswertentwicklung für dieses Programm:
V0 = – 200
V1 = (- 200) * 1,05 + 170 = – 40
V2 = (- 40) * 1,05 + 118 = 76
Dem gegenüber entwickelt sich der Vermögensendwert für ein alternatives Programm
(IP 1, IP 2, FP 1, FP 2) wie folgt:
V0 = – 200 + (- 100 )= – 300
V1 = (- 200) * 1,05 + (- 100) * 1,12 + 170 + 52 = – 100
Mit den Einnahmen von insgesamt 170 + 52 = 222 werden im Rahmen des Kontokorrent die Zinsen bezahlt und der teure Kredit getilgt (d.h. zuerst wird die teuerste Finanzierungsalternative getilgt).
V3 = (-100) * 1,05 + 118 + 69 = 82>76
Mit Hilfe des Dean-Modells wurde also nicht das optimale Programm bestimmt. Der Grund hierfür liegt in der mangelnden Beachtung der sich über die Perioden verändernden durchschnittlichen Kapitalkosten.
Der heuristische Gehalt des Modells ist hoch; es hat aber durch die statische Betrachtung praktische Grenzen. Ein Lösungsweg, der in der Lage ist, mehrere Bedingungen zu beachten, wäre die lineare Optimierung.
Klingt einfach, ist es aber manchmal nicht
Dirk Stader
Sehr schöne Zusammenfassung.
Ich danke Dir, wofür brauchst Du es?
Hi,
vielen Dank, istecht klasse dargestellt.. Habe soweit auch alles vertanden. Dennoch komme ich mit meiner Aufgabenstellung nicht ganz klar. Könnt ihr vielleicht helfen??
A:
Projekt A to= -135 t1= +148,5
Projekt B to= -125 t1= +140
Projekt C to= -105 t1= +116,55
Projekt D to= -80 t1= +91,20
Für eine Investition verfügt die ABC Gesellschaft über eigene Mittel in Höhe von 250T€ die für Investitionen vorgesehen sind. Darüber hinaus wird fremdfinanziert. Der erwartete Zins für das eigene Kapital liegt bei 8,5%, der Sollzins beträgt 13%.
Mich irritieren die nagativen Beträge und das vorhandene EK 250T€. Wie werden die hier berücksichtigt? Wie würden die Kurven hier Aussehen?
Vielen Dank im voraus…
Hallo Deniz,
die negativen Beträge stehen für Auszahlungen, die positiven für Einzahlung. Eigenkapital wird nur deswegen angegeben, da hier eine andere Verzinsung zu Grunde gelegt wird als bei dem ausgewiesenen Fremdkapital. Es könnte auch genauso gut 2x Fremdkapital mit unterschiedlichen Zinssätzen angegeben sein. Die Lösung Deiner Aufgabe müsste meines Erachtens wie folgt aussehen; auch wenn mein Studium schon lange her ist 🙂
http://stader.de/wp-content/uploads/2010/09/Dean-Modell-Antwort-Denis.zip
Gruss
Dirk
Lieber Lieber DIRK!!!
Du hast einen jungen Mann sehr Glücklich gemacht…. Ich Danke Dir sehr
Jederzeit gerne studierst du?
ja ich bin derzeit mit meinem Master zu gange…. und schreibe morgen Inestition und Finanzierung…
Vielen Dank für diese gute Erklärung, unser BWL-Prof ist leider eine Niete… Nur leider habe ich immer noch ein Problem… Was passiert wenn laut Diagramm bspw. Investitionsprojekt1 vollständig und Investitionsprojekt2 nur zum Teil realisiert wird und hierfür 2 Finanzierungsprojekte vollständig verwendet werden? Da wir in der Vorlesung nach Zeichnung des Diagramms den Kapitalwert der einzelnen Investitionsprojekte ausrechnen und in meinem Fall für das Investitionsprojekt2 ein negativer Betrag herauskommt, würde man dieses Projekt nicht realisieren?! Zusätzlich wird in dieser Aufgabe nach dem erzielbaren Endvermögen gefragt, wo ich theoretisch weiß, wie es ausgerechnet wird, nur in dieser Aufgabe wieder überfragt bin… Bitte helfen Sie mir!
meinst Du so?
http://stader.de/wp-content/uploads/2010/09/Dean-Modell-Antwort-Denis.zip
Hallo! Sehr tolle Erklärung erstmal!
Ich hab allerdings noch ne frage, und zwar: Wie würde sich an diesem Beispiel denn der maximale Vermögensendwert ergeben? lieben Gruß,
Lily
Über die Vermögensendwertmethode http://de.wikipedia.org/wiki/Endwertmethode
LG Dirk