Vor dem Hintergrund, daß die stationäre Krankenversorgung einen großen Anteil an den Gesamtausgaben des Gesundheitswesens hat, möchte ich über die patientenbezogene Steuerung im Krankenhaus sprechen. In diesem Zusammenhang werde ich die Notwendigkeit der Bestimmung von Fallgruppen aufzeigen und einen Kriterienkatalog entwickeln, der zur Effizienzbeurteilung von Fallgruppensystemen herangezogen werden kann.
Ausgehend von einer quantitativ und qualitativ gegebenen Krankenhausleistung ist es das Ziel aller Restrukturierungsbemühungen im Krankenhaus, die anfallenden Kosten auf das Maß zu beschränken, das bei rationeller Gestaltung der Betriebsprozesse erreicht werden kann. Die Gesamtkosten im Krankenhaus ergeben sich primär aus den mit Geld bewerteten Leistungen, so daß es – selbst bei einer Minimierung der Kosten für jede einzelne Leistung – durch eine Ausweitung des Leistungsspektrums zu einer Steigerung der Gesamtkosten kommt.
Die Problematik im Bereich der Leistungserstellung besteht darin, daß die Art, Zahl und Qualität der vom Krankenhaus zu erbringenden Behandlungs–, Pflege– und Versorgungsleistungen von den individuellen Patientenmerkmalen sowie dem Krankheitsbild und dem Krankheitsverlauf abhängen und zudem vom Krankenhauspersonal unterschiedlich interpretiert werden. Die Leistungserbringung ist somit inhomogen, nicht ausreichend transparent, kaum operationalisierbar und letztendlich nicht intersubjektiv nachprüfbar.
Vor dem Hintergrund dieser Problematik ist es das Ziel, homogene und operationale Leistungsstrukturen zu schaffen, um darauf aufbauend ein betriebswirtschaftliches Instrumentarium zur gezielten patientenbezogenen Steuerung der Behandlungs–, Pflege– und Versorgungsprozesse zu entwickeln und damit die Kosten zu senken. Anders als bislang üblich wird dabei nicht vom Pflegetag als Orientierungsgröße ausgegangen, sondern der Patient und seine Krankheit wird in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt, da die Veränderung des Gesundheitszustandes die eigentliche Zielsetzung und das Produkt des Krankenhaus ist.
In diesem Zusammenhang wird das gesamte Leistungsspektrum des Krankenhauses unter Berücksichtigung der speziellen Krankenhausstruktur – also die Einteilung in Diagnose, Therapie, Pflege und Versorgung – in sog. Leistungskategorien eingeteilt. Patienten, die gleichartige Leistungen erhalten werden dann zu sog. Fallgruppen innerhalb der Leistungskategorien zusammengefaßt. Dies ermöglicht die patientenbezogene Steuerung – sprich Planung, Realisation, Kontrolle und Beeinflussung der Leistungserstellung–. Dabei wird zunächst für jede Fallgruppe ein standardisiertes Leistungsbündel festgelegt und die für den Planungszeitraum erwartete Patientenzahl und –struktur prognostiziert. So kann das Leistungsvolumen und die benötigten Ressourcenmengen hinreichend genau geplant werden.
Schon bei der stationären Aufnahme wird der Patient einer Fallgruppe in den Bereichen Diagnose, Therapie, Pflege und Versorgung zugeteilt. Das medizinische Personal orientiert sich bei der Leistungserbringung an den hierfür gebildeten, standardisierten Leistungsbündeln. Durch die Gegenüberstellung mit der tatsächlich erbrachten Leistung je Patient und Fallgruppe, sind verschiedene Vergleichsrechnungen – Zeit–, Soll–Ist–, und Betriebsvergleiche) und Abweichungsanalysen möglich.
Die Vorteile einer patientenbezogenen Steuerung lassen sich wie folgt zusammenfassen: (7)
• mittels Steuerungsinstrumentarium lassen sich die Leistungen auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten abstimmen und auf das jeweils notwendige Maß begrenzen
• der Leistungserstellungsprozeß wird transparenter, das Informationssystem wird ausgebaut und Entscheidungen vorbereitet
• die Vergleichbarkeit der Leistung wird ermöglicht
• Optimierung und rationelle Gestaltung der Betriebsabläufe und –strukturen
• die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung wird überhaupt erst möglich, wobei ein Beitrag zur Begrenzung der Kosten geleistet wird
• die Qualität der Leistung wird verbessert
• Schaffung einer verbesserten Informationsbasis für Pflegesatzverhandlungen
In der Praxis existieren eine Vielzahl von möglichen Fallgruppensystemen, die durch unterschiedliche Merkmale gekennzeichnet sind und unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen: ICD–Kataloge, Fallpauschalen, DGK–NT–Katalog (Pflegestandards) etc.
Auf eine detaillierte Darstellung der einzelnen Fallgruppensysteme soll verzichtet werden. In der Einleitung proklamiertes Ziel ist es vielmehr Effizienzkriterien aufzustellen, die im Sinne allgemeiner Anforderungskriterien an ein Fallgruppensystem zum betriebswirtschaftlichen und medizinischen Optimum führen und die patientenbezogene Steuerung der Krankenhausabläufe ermöglichen. Mein Katalog der Effizienzkriterien gliedert sich wie folgt: (10)
• medizinische und klinische Stichhaltigkeit, Fallgruppen sollen ein sinnvolles Bild des Leistungsgeschehens im Krankenhaus vermitteln und sowohl von Medizinern und Verwaltung gleichermaßen akzeptiert werden.
• Homogenität, Zusammenfassung von Patienten in homogene Fallgruppen, die untereinander möglichst heterogen sind
• die Zuordnung von Leistungsstandards muß möglich sein, wobei die Leistungsstandards gleichzeitig ein Höchstmaß an Flexibilität besitzen müssen, damit innovative medizinische Entwicklungen berücksichtigt werden können
• Rechtzeitige Gruppenzuordnung, am besten schon bei der Patientenaufnahme wobei objektive intersubjektiv nachprüfbare Kriterien gefunden werden müssen
• Praktikable Zahl der Fallgruppen
• Reliabilität, (d.h. Patienten mit den gleichen Merkmalen müssen den gleichen Fallgruppen zugeordnet werden)
• Validität, (d.h. Zugehörigkeit zu einer Fallgruppe determiniert die zu erbringenden Leistungen)
• Überregionale Gültigkeit
• Leichte Verfügbarkeit der Informations– und Datenbasis
• Primat der Wirtschaftlichkeit
Fallgruppensysteme, die diese Kriterien erfüllen, erhöhen die Leistungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der stationären Krankenhausversorgung und tragen somit zur langfristigen Sicherung des Gesundheitsstandards in der Bundesrepublik bei.
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Klingt einfach, ist aber schwer.
Dirk Stader